Sie fotografierte Architektur, Industrieanlagen und Staatsoberhäupter. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie die erste weibliche Kriegsberichterstatterin der US-Streitkräfte. Ihre Aufnahmen von der Befreiung des KZ Buchenwald gingen um die Welt. Als eine der bedeutendsten Fotojournalistinnen des 20. Jahrhunderts prägte Margaret Bourke-White die visuelle Berichterstattung.
Margaret Bourke-White wurde am 14. Juni 1904 – am vergangenen Freitag vor 120 Jahren – in New York geboren. Schon als Jugendliche begann sie zu fotografieren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Frauen in den 1920er Jahren konnte sie studieren. 1927 schloss sie ihr Studium an der Cornell University ab.
Im Anschluss eröffnete sie ihr erstes Fotostudio in Cleveland. Mit Erfolg: Ihre architektonischen Motive, die die schmutzige, raue Industrie elegant und schön aussehen ließen, fanden viel Beachtung.
Auch die junge Margaret selbst war von ihrem Talent überzeugt. Sie prophezeite:
“I will be a success.”
Henry Luce, der Herausgeber des Wirtschaftsmagazins “Fortune”, wurde auf Bourke-White aufmerksam. Er beauftrage sie, für das Magazin in Deutschland industrielle Anlagen zu fotografieren.
Als erste westliche Journalistin überhaupt durfte sie Anfang der 1930er Jahre in die Sowjetunion reisen. Dort dokumentierte sie die Industrialisierung. Außerdem fotografierte sie während ihres Aufenthalts den sowjetischen Diktator Josef Stalin und dessen Mutter.
1936 wurde Bourke-White als erste weibliche Fotografin beim neuen, ebenfalls von Henry Luce herausgegebenen “Life”-Magazin angestellt. Fortan reiste sie für das Magazin, das sich zum wichtigsten Reportagemagazin der USA entwickelte, um die Welt.
Im Herbst 1941 war sie in Moskau als die deutsche Wehrmacht die sowjetische Hauptstadt angriff. Sie war die einzige westliche Journalistin, die das Geschehen festhielt.
Nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg Ende 1941 bemühte sich Bourke-White um die Erlaubnis, die US-Truppen während der Kampfhandlungen begleiten zu dürfen. Nach längerem Zögern stimmte das Militär zu:
Bourke-White wurde als erste weibliche Journalistin akkreditiert. Mit ihrer deutlich über 100kg schweren Fotoausrüstung trat sie im Dezember 1942 die Reise nach Nordafrika an.
Unterwegs wurde das Schiff, auf dem sie mitfuhr, bei einem Torpedoangriff schwer beschädigt. Bourke-White konnte sich mit einem Rettungsboot in Sicherheit bringen – eine Geschichte, die Alfred Hitchcock später als Inspiration für den Thriller “Lifeboat” diente.
Jahrelang begleitete die Fotografin die US Air Force in Nordafrika und Italien, bevor sie 1945 mit General George Patton durch das untergehende Nazi-Deutschland reiste.
Aus dieser Zeit stammen einige ihrer bewegendsten Aufnahmen: Nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald und des Außenlagers Leipzig-Thekla fotografierte sie das Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen. In “Deutschland, April 1945” verarbeitete sie ihre Erlebnisse.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich Bourke-White der fotografischen Dokumentation von Konflikten. So verfolgte sie die Auseinandersetzungen in Indien, die 1947 zur Aufspaltung des Landes in die Staaten Indien und Pakistan führten.
Im Januar 1948 war sie die letzte Person, die Mahatma Gandhi interviewte und fotografierte. Wenige Stunden später wurde er ermordet.
Während ihrer Berichterstattung des Koreakrieges Anfang der 1950er Jahre machten sich erste Anzeichen ihrer Parkinson-Erkrankung bemerkbar. In den folgenden Jahren schränkte die Krankheit ihr Schaffen zunehmend ein.
1963 veröffentlichte sie ihre Autobiographie “Selbstportrait”. Darin schrieb sie, dass sie mit ihren Aufnahmen danach strebte, “das Auge der Welt” zu sein. Die Verantwortung der journalistischen Berichterstattung war ihr dabei stets bewusst:
“Wir sind in einer privilegierten und manchmal glücklichen Lage. Wir sehen viel von der Welt. Es ist unsere Pflicht, dies an andere weiterzugeben.”
Margaret Bourke-White, die zweimal verheiratet war und kinderlos blieb, starb am 27. August 1971 im Alter von 67 Jahren.
Mit ihrer selbstbewussten und durchsetzungsstarken Art schaffte sie es, sich nachhaltig in der damals vorwiegend von Männern dominierten Domäne des Fotojournalismus zu etablieren. Margaret Bourke-White wurde so zu einem Vorbild für viele Frauen und gilt heute als eine der wichtigsten Fotografinnen den 20. Jahrhunderts.
In diesem kurzen Video sind 50 von Bourke-Whites bedeutendsten Fotos zu sehen.
Bis bald!
Leo
Weitere Empfehlung:
Die wichtigsten für diesen Text genutzten Quellen:
1. Margaret Bourke‐White, Photo‐Journalist, Is Dead, New York Times
2. Margaret Bourke-White, FemBio
3. Margaret Bourke-White, Britannica
Zeitsprung, #41
Wie immer grandios geschrieben und sauber recherchiert. Was für eine Frau, die wirklich immer I. Richtigen Moment an den Hotspots der Geschichte war. Sehr beeindruckend.
Danke, lieber Leo, das war wirklich wieder sehr interessant. Sie schaut auf dem Foto ganz erwartungsvoll und interessiert in die Welt. Passt zu ihrer Passion!