Kaffee ist das Lieblingsgetränk der Deutschen — noch vor Wasser und Bier. Anfang des 20. Jahrhunderts erfand die deutsche Hausfrau Melitta Bentz den Kaffeefilter. Sie revolutionierte damit die Zubereitung des geliebten Heißgetränks und legte den Grundstein für ein Unternehmen, das noch heute ihren Namen trägt.
1908 in Dresden: Melitta Bentz trinkt gerne Kaffee. Doch beim Trinken stört sie, dass Kaffeekrümel, klein wie Sandkörner, in ihrem Mund landen — so sehr, dass sie zu Hammer und Nagel greift.
Damit schlägt sie kleine Löcher in den Boden eines Messingbechers. Aus der Schultasche ihres Sohnes nimmt sie ein Blatt Löschpapier.
Sie schneidet das Papier zurecht und legt es in den Becher. Anschließend schüttet sie etwas Kaffeepulver auf die Konstruktion und gießt heißes Wasser darüber.
Der selbstgebaute Kaffeefilter funktioniert: Unter dem Becher fängt Melitta Bentz den frischen Kaffee auf — ohne die ungeliebten Krümel.
Die Hausfrau meldet ein Patent an und gründet ein Unternehmen, das noch heute ihren Namen trägt: Melitta.
Melitta Bentz wurde am 31. Januar 1873 als Amalie Auguste Melitta Liebscher geboren. Die Tochter eines Buchhändlers wuchs in Dresden auf. Sie heiratete Hugo Bentz.
Während ihr Mann als Kaufmann arbeitete, kümmerte Melitta sich um die beiden gemeinsamen Kinder und den Haushalt, in dem regelmäßig Kaffee getrunken wurde.
Das dunkle Heißgetränk verbreitete sich ab dem 17. Jahrhundert in Europa, zunächst unter dem Adel. Auch in Deutschland erfreute es sich großer Beliebtheit.
Im 19. Jahrhundert etablierte sich der Wachmacher als Volksgetränk: Großflächiger Kaffeeanbau auf südamerikanischen Plantagen vergünstigte die Produktion und durch die industrielle Revolution stieg der Wohlstand in der Bevölkerung.
In Mitteleuropa wurde das Getränk zubereitet, indem gemahlene Kaffeebohnen mit heißem Wasser aufgegossen wurden. Der fertige Kaffee wurde serviert, nachdem sich das Kaffeepulver am Boden abgesetzt hatte.
Dass der Kaffeesatz in der Tasse landete, ließ sich kaum vermeiden — was Melitta Bentz dazu bewegte, das genussmindernde Problem mit Messingbecher und Löschpapier zu lösen.
Sie erkannte das Potenzial ihrer Erfindung und meldete ihr Gebrauchsmuster im Juni 1908 beim Kaiserlichen Patentamt an:
“Kaffeefilter mit auf der Unterseite gewölbtem und mit Vertiefung versehenem Boden sowie mit schräg gerichteten Durchflusslöchern.”
Am 15. Dezember desselben Jahres — heute vor 116 Jahren — gründete sie die Firma “M. Bentz, Marschallstraße 31”: Das eingetragene Startkapital betrug 73 Reichspfennige, Unternehmenssitz war ein Zimmer in der Dresdner Familienwohnung.
Erste Erfolge feierte das junge Familienunternehmen — Melitta Bentz’ Mann Hugo und die beiden Söhne wurden die ersten Angestellten — wenige Monate später bei einer Messe in Leipzig, auf der über 1.200 “Filtrierapparate” verkauft wurden.
1914 wurde die Erfolgsgeschichte durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrochen: Hugo Bentz musste an die Front, Papier wurde zum knappen Gut und der Kaffeeimport ins Deutsche Reich gestoppt.
Doch die kreative Melitta Bentz ließ sich nicht entmutigen: Mit der Herstellung von Kartons überstand das Unternehmen die Kriegsjahre bis 1918.
Dank innovativer Vertriebsmaßnahmen und eines aufstrebenden Exportgeschäfts setzte das Unternehmen sein Wachstum nach dem Krieg fort.
Als in Dresden keine ausreichend große Produktionsstätte gefunden werden konnte — es arbeiteten mittlerweile mehr als 80 Menschen im Betrieb — zog das Unternehmen 1929 nach Minden um.
Melitta Bentz und ihr Mann zogen sich 1932 aus dem Tagesgeschäft zurück. Sie übergaben die Leitung des in “Melitta-Werke AG” umbenannten Unternehmens an ihre Söhne Willy und Horst.
In den 1930er Jahren wurde der Filter aus Metall zum Porzellanfilter weiterentwickelt. Auch die Form wurde angepasst: Es entstand der noch heute bekannte kegelförmige Kaffeefilter.
Während der NS-Zeit kollaborierte das Unternehmen mit dem Regime. Im Zweiten Weltkrieg stellte die Firma Töpfe, Pfannen und Munitionsgürtel anstatt Kaffeefilter her. In der Produktion wurden auch Zwangsarbeiter eingesetzt.
Nach dem Krieg wurde Horst Bentz, der NSDAP-Mitglied gewesen war, inhaftiert. Während er einem Entnazifizierungsverfahren unterzogen wurde, kehrte Melitta Bentz zwischenzeitlich in die Unternehmensführung zurück.
Melitta Bentz starb am 29. Juni 1950 im Alter von 77 Jahren.
Noch heute ist der von ihr erfundene Kaffeefilter weit verbreitet. Das von ihr gegründete Unternehmen Melitta beschäftigt heute weltweit mehrere tausend Menschen. Es ist noch immer in Familienbesitz.
Einen schönen dritten Advent und bis bald!
Euer Leo
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Die wichtigsten für diesen Text verwendeten Quellen:
1. Melitta Bentz und die Neuerfindung des Kaffees, DPMA
2. Der Kaffeefilter: Eine Erfindung aus Dresden, MDR
3. Die Geschichte des Kaffees, Deutscher Kaffeeverband
Dies ist die 63. Ausgabe von Zeitsprung.
Immer wieder gut, auch mal von bedeutenden Frauen aus dieser Zeit zu lesen (M. Bentz, M. Steiff, B. Benz…)! Gerne mehr davon!
War mir neu. Schöne Story, tolle Frau! Danke!