Gottfried v. Cramm: Verfolgter Tennisstar
Gottfried von Cramm gilt bis heute als wichtiger Wegbereiter des Tennissports in Deutschland. Mit seinem eleganten Spielstil und seinem respektvollen Auftreten wurde er in den 1930er Jahren zu einem internationalen Sportstar. Als Kosmopolit war er ein Gegner des NS-Regimes, das ihn verfolgte.
Gottfried von Cramm wurde im Juli 1909 in Niedersachsen geboren. Schon früh entwickelte er eine Leidenschaft für den Tennissport. 1928 zog er nach Berlin. Er begann, Jura zu studieren. Vorrangig widmete er sich in Berlin jedoch dem Tennis: Er trat in den Spitzenclub Rot-Weiß ein und trainierte unermüdlich.
1931 gewann er sein erstes internationales Turnier in Athen. 1932 spielte er zum ersten Mal für Deutschland im Davis Cup, dem wichtigsten Tenniswettbewerb für Herren auf Nationalmannschaftsebene. Dieser kurze Ausschnitt dokumentiert seinen ersten Davis Cup-Auftritt:
Ab 1933 war Gottfried von Cramm der beste deutsche Tennisspieler. Er trug maßgeblich dazu bei, Tennis in Deutschland als Volkssport zu etablieren. Neben dem Boxer Max Schmeling galt er als der deutsche Sportstar der 1930er Jahre. Auch international war der als “Tennisbaron“ bekannte von Cramm für sein respektvolles Auftreten hoch angesehen.
Der Wimbledon-Sieg im gemischten Doppel 1933 mit Hilde Krahwinkel war einer seiner größten Erfolge. Zudem erreichte er 1935 bis 1937 dreimal das Einzelfinale von Wimbledon, das er jeweils verlor.
Auch in Momenten großer sportlicher Enttäuschung blieb er ein Gentleman: Zu Beginn des Endspiels 1936 verletzte er sich. Anstatt aufzugeben, biss er auf die Zähne und spielte weiter. Geschwächt musste er sich dem Engländer Fred Perry nach 45 Minuten mit 1:6, 1:6 und 0:6 geschlagen geben. Im Anschluss bat von Cramm den Schiedsrichter, sich in seinem Namen beim Publikum dafür zu entschuldigen, nicht besser gespielt zu haben.
Die internationale Beliebtheit von Cramms blieb auch dem NS-Regime nicht verborgen: Im Anschluss an das Wimbledon-Finale 1937 wurde ihm eine siebenmonatige Weltreise finanziert. Der Tennisstar sollte seine Bekanntheit nutzen, um die Nazis bei internationalen Auftritten positiv zu repräsentieren.
Doch von Cramm, der einen Beitritt in die NSDAP stets abgelehnt hatte, weigerte sich, dem NS-Regime als Propagandawerkzeug zu dienen. Im Gegenteil: In Japan, Australien und den USA äußerte er sich kritisch über Hitler und die Nazis.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er im März 1938 festgenommen. Offiziell hatte dies nichts mit seinen Äußerungen zu tun. Stattdessen wurde er wegen eines gleichgeschlechtlichen Verhältnisses zu einem jüdischen Schauspieler angeklagt.
Möglicherweise hatte er es Hermann Görings Vorliebe für den Tennissport und seinen guten Kontakten zum schwedischen Königshaus zu verdanken, dass er lediglich zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.
Nach sieben Monaten wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen. Da er vorbestraft war, untersagte ihm das NS-Regime eine weitere Wimbledon-Teilnahme. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er an der Ostfront kämpfte, spielte er auf hohem Niveau weiter Tennis. 1947 und 1948 wurde er zum ersten deutschen Sportler des Jahres gekürt. Seine Reaktion unterstrich einmal mehr seinen Charakter:
“Mir hat das Ergebnis, was der einbeinige Leichtathlet Loos errungen hat, kolossal imponiert. Er hat neulich eine Höhe von 1,78m übersprungen. Das finde ich eine so fabelhafte Leistung, dass wenn ich gewählt haben würde, ich ihm die Palme gegeben hätte. “
Obwohl von Cramm sportlich nicht mehr mit der Weltspitze mithalten konnte, kehrte er 1951 mit 41 Jahren nochmal nach Wimbledon zurück. Im selben Jahr gründete er eine Importfirma für afrikanische Baumwolle. 1953 bestritt er sein letztes von insgesamt 102 Davis Cup-Spielen. Erst 1957 beendete er seine aktive Laufbahn als Tennisspieler.
Am 9. November 1976 starb Gottfried von Cramm bei einem Autounfall auf einer Geschäftsreise in Ägypten. 1977 wurde er als erster Deutscher in die „International Tennis Hall of Fame“ aufgenommen. Erst 2002 wurde er rehabilitiert.
In dieser Doku vom NDR Sportclub wird Gottfried von Cramm porträtiert. Zudem hat Jens Nordalm das Buch “Der schöne Deutsche” über ihn geschrieben.
Bis bald!
Leo
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Die wichtigsten für diesen Text genutzten Quellen:
1. Gottfried von Cramm, NDR Sportclub
2. Tennisbaron von Cramm: Triumph des Charakters, NDR
3. Glanz und Tragik der Tennislegende Gottfried von Cramm, ZEIT Online
Zeitsprung, #24