Carl von Linde war einer der wichtigsten Erfinder und Ingenieure des 19. Jahrhunderts. Mit seiner Kältemaschine revolutionierte er zunächst die Bier- und anschließend die gesamte Lebensmittelindustrie. Darüber hinaus entwickelte er das nach ihm benannte Verfahren zur Verflüssigung von Luft. Linde gründete ein Unternehmen, das auf Grundlage seiner Erfindungen noch heute zu den größten Industriekonzernen der Welt gehört.
Januar 1877 in Triest: In der Dreher-Brauerei wird eine moderne Kältemaschine in Betrieb genommen.
Ein Meilenstein für das Brauwesen: Die Kühlanlage ermöglicht Bierbrauern erstmals, ganzjährig untergäriges Lagerbier zu brauen und zu lagern, ohne auf teures Natureis angewiesen zu sein.
Gebaut hat die Kältemaschine der Ingenieur Carl von Linde. Seine Erfindung revolutioniert innerhalb weniger Jahre die gesamte Lebensmittelindustrie.
Carl Gottfried Paul Linde wurde am 11. Juni 1842 als drittes von neun Kindern in Oberfranken geboren. Als einziges Kind der Pfarrfamilie besuchte er ein Gymnasium und machte Abitur.
Sein Vater hoffte, dass sein Sohn Theologie studieren würde, um in seine Fußstapfen zu treten. Doch der junge Carl interessierte sich mehr für Maschinen als für Religion:
“Insbesondere die großen Kraftmaschinen – Turbinen und Dampfmaschinen – zogen mich mächtig an und übten eine Wirkung aus, die für meine Berufswahl entscheidend war.”
1861 zog er nach Zürich, wo er am Polytechnikum — der heutigen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) — ein Maschinenbaustudium begann.
Wegen der Beteiligung an einem Studentenprotest gegen den Direktor der Hochschule wurde Linde exmatrikuliert. Er musste sein Studium nach drei Jahren ohne Abschluss abbrechen.
Doch seine Professoren hatten sein Talent erkannt: Mit zwei Empfehlungsschreiben in der Tasche verließ Linde die Schweiz. In der Folge fand er in einer Münchner Lokomotivenfabrik eine Anstellung.
Als er erfuhr, dass eine technische Hochschule in der bayerischen Landeshauptstadt gegründet werden sollte, bewarb sich Linde erfolgreich um eine Professur: Mit gerade einmal 26 Jahren wurde er Professor für Maschinenbau.
Linde legte großen Wert auf eine Verzahnung von theoretischer Lehre und Praxis. An der Hochschule richtete er das erste Maschinenlabor ein. Auch ein gewisser Rudolf Diesel — der Erfinder des Diesel-Motors — lernte dort.
1871 schrieb Linde einen Aufsatz über die Defizite von Kältemaschinen. Die Kältetechnik interessierte ihn so sehr, dass er eine technisch verbesserte Kältemaschine entwarf.
Besonders bei Brauereien weckten seine Entwürfe Interesse: Für das Brauen des zunehmend beliebten untergärigen Lagerbiers benötigten die Bierbrauer konstante Kälte. Mangels Alternativen mussten sie auf Natureis zurückgreifen — eine aufwendige und kostenintensive Lösung.
Finanziert durch die österreichische Brauerei Dreher sowie die Münchner Spaten-Brauerei entstand 1876 Lindes erste Kältemaschine.
1879 wurde die “Gesellschaft für Lindes Eismaschinen AG” gegründet. Linde gab seine Professur auf und widmete sich vollständig seinem Unternehmen, das schnell wuchs und die Lebensmittelindustrie revolutionierte.
Denn neben Brauereien setzten bald auch Molkereien, Metzgereibetriebe und andere Lebensmittelhersteller auf die neuen Kältemaschinen.
1890 zog sich Linde aus dem Tagesgeschäft seiner Firma zurück. Er wurde Aufsichtsratsvorsitzender und nahm seine Professur in München wieder auf.
Parallel setzte er jedoch seine Forschung auf dem Gebiet der Kältetechnik fort — und entwickelte 1895 schließlich das nach ihm benannte Verfahren zur Verflüssigung von Luft.
Die aus der verflüssigten Luft gewonnenen, sogenannten technischen Gase, darunter Sauerstoff und Stickstoff, erfreuten sich großer Nachfrage in der aufstrebenden Industrie.
Noch heute ist die Linde plc, wie das börsennotierte Unternehmen inzwischen heißt, auf dem Gebiet der technischen Gase Weltmarktführer.
Carl von Linde war ein Pionier der Kältetechnik. Mit seinem Erfindergeist und seiner Innovationskraft trug er maßgeblich dazu bei, dass sich der internationale Ruf deutscher Produkte wandelte: “Made in Germany” wurde zu einem Qualitätsmerkmal.
Linde erhielt mehrere Ehrendoktortitel. Zudem wurde er mit dem Ritterkreuz des Verdienstordens der Bayerischen Krone ausgezeichnet, wodurch er in den persönlichen Adelsstand erhoben wurde.
Carl von Linde starb am 16. November 1934 im Alter von 92 Jahren.
In dieser Tonaufnahme von 1918 spricht Carl von Linde über die Entwicklung der Kältetechnik:
1925 veröffentlichte Linde seine Lebenserinnerungen.
Bis bald!
Euer Leo
Die wichtigsten für diesen Text genutzten Quellen:
1. Der Kältekönig, Bayern 2
2. Giganten der Biergeschichte: Carl von Linde, Brauwelt
3. Wie Carl von Linde mit seiner Kältemaschine den Bierkonsum ankurbelte, ingenieur.de
Dies ist die 82. Ausgabe von Zeitsprung.
Vielleicht sollten wir beim sommerlichen Biergenuss anstelle "Prost" lieber "Dank Linde" sagen :-)
Danke, Leo! Das feiere ich jetzt erst einmal mit einem gut gekühlten Bier.