Die Auxiliary Units: Großbritanniens geheime Vorbereitungen für eine deutsche Invasion
Am Vormittag des 3. September 1939 verkündete der britische Premierminister Neville Chamberlain in einer Radioansprache die britische Kriegserklärung an Nazi-Deutschland, nachdem Hitler der Aufforderung, die zwei Tage zuvor in Polen eingefallenen deutschen Truppen wieder abzuziehen, nicht nachgekommen war.
Als nach und nach immer mehr europäische Länder von den Deutschen überfallen und besetzt wurden, erschien auch die Möglichkeit eines deutschen Angriffs auf Großbritannien immer realistischer. Tatsächlich gab Hitler im Mai 1940 Pläne für eine britische Invasion, das sogenannte “Unternehmen Seelöwe“, in Auftrag.
Obwohl man in Großbritannien nichts über die konkreten Pläne wusste, war man sich der drohenden Gefahr bewusst und begann mit den Vorbereitungen auf die Abwehr einer möglichen Invasion. Einen wesentlichen Teil dieser Abwehrpläne bildete eine geheime Einheit, über die bis heute nur relativ wenig bekannt ist: die Auxiliary Units.
Hinter dem vermeintlich harmlos klingenden Namen verbarg sich eine Art küstennahe Geheimarmee, die sich darauf vorbereitete, im Falle eines deutschen Angriffs besonders gefährliche Operationen und Sabotageakte guerillaartig hinter den Feindeslinien durchzuführen. Das Ziel dabei war, die Invasion kurzfristig möglichst stark zu verlangsamen, um der britischen Armee Zeit für koordinierte und effektive Gegenoffensiven zu verschaffen.
Insgesamt wurden rund 6500 Männer für die Auxiliary Units rekrutiert und ausgebildet, die in den südlichen und östlichen Küstenregionen Wales, Englands und Schottlands lebten und, wie beispielsweise bei Jägern und Landwirten der Fall, besonders gut mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut waren. Sie waren in einzelnen Einheiten zu je 6 bis 7 Mann organisiert. Um eine solche Einheit aufzubauen, wurde in der Regel ein Anführer rekrutiert, der dann eigenständig dafür verantwortlich war, eine geeignete Gruppe von Männern aus der jeweiligen Gegend zusammenzustellen.
Jede Auxiliary Unit verfügte über einen eigenen Bunker. Diese sogenannten “Operational Bases” (OBs) waren unterirdisch angelegte Verstecke aus Wellblech, die den Einheiten als Aufenthaltsorte und Ausgangspunkte für ihre Missionen dienen sollten. Viele dieser OBs waren zudem mit Funkgeräten ausgestattet, um nach außen kommunizieren zu können. Insgesamt wurden zwischen 600 und 700 dieser Bunker gebaut. Bis heute wurde allerdings nur ein Bruchteil aller Verstecke gefunden und dieses Video zeigt den Hauptgrund dafür: die Eingänge waren meist so gut getarnt, dass viele der Bunker, die über die Jahrzehnte gefunden wurden, rein zufällig entdeckt wurden.
Als im weiteren Verlauf des zweiten Weltkrieges immer klarer wurde, dass nicht mehr mit einer deutschen Invasion zu rechnen war, wurden die Einheiten zunächst für andere Zwecke eingesetzt, bevor sie ab 1944 nach und nach ganz aufgelöst wurden. Eigentlich war der Plan, die Bunker am Ende des Krieges durch die Armee zerstören zu lassen. Dazu kam es jedoch nur teilweise und weil die Mitglieder der Auxiliary Units auch nach dem Krieg nicht über ihre Tätigkeit sprechen durften, wurden Hunderte dieser Bunker zurückgelassen, gerieten über die Jahrzehnte in Vergessenheit und verfielen. Interessierte suchen noch heute nach den Überresten von Bunkern und werden dabei immer wieder fündig – wie beispielsweise in diesem Podcast.
Bis Bald!
Leo
Für diesen Text genutzte Quellen:
1. “Hidden tunnels and Britain's secret WW2 resistance army”, BBC Video
2. “British Resistance Archive”, Staybehinds.org
3. “WWII Britain: The Home Guard’s Silent Assassins”, Dan Snow’s History Hit