Bayume Mohamed Husen lebte ein außergewöhnliches und erschütternd endendes Leben, das ihn aus der ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika nach Berlin und später wegen des Vorwurfs der sogenannten “Rassenschande” bis ins Konzentrationslager Sachsenhausen führte.
Bayume Mohamed Husen wurde 1904 als Mahjub bin Adam Mohamed in Daressalam, im heutigen Tansania geboren. Sein aus dem Sudan stammender Vater, Adam Mohamed, war ein sogenannter “Askari“, ein von den deutschen Kolonialisten angeworbener Söldner in der 1891 gegründeten “Schutztruppe” in Deutsch-Ostafrika. Das Gebiet der ehemaligen Kolonie des Deutschen Reiches erstreckte sich über das heutige Tansania – mit Ausnahme der Insel Sansibar – Burundi, Ruanda und kleinere Teile Mosambiks.
Gemeinsam mit seinem damals erst 10-jährigen Sohn, Bayume, meldete sich Mohamed mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs für den Kriegsdienst. Als Kindersoldat wurde Bayume vermutlich vor allem als Nachrichtenübermittler und Waffenträger eingesetzt. 1917 wurde er verwundet und geriet in britische Kriegsgefangenschaft. Nach dem verlorenen Krieg regelten die Bestimmungen des Versailler Vertrags von 1919, dass das Deutsche Reich seine Kolonien abzutreten hatte.
Die ehemaligen afrikanischen Söldner waren durch den Krieg entfremdet und wurden von der restlichen Bevölkerung häufig ausgegrenzt. Dank seiner guten Deutschkenntnisse begann Husen auf den Schiffen der Deutschen Ost-Afrika Linie zu arbeiten. So landete er 1929 zunächst in Hamburg und später in Berlin.
Dort versuchte er, den noch ausstehenden Sold für seinen Kriegseinsatz einzufordern. Mit dem Hinweis darauf, dass ein Anspruch inzwischen verjährt sei, blieben seine wiederholten Bemühungen erfolglos. Auch seine späteren Versuche, das Ehrenkreuz für Frontkämpfer zu beantragen, scheiterten.
In Berlin blieb Husen trotzdem. Er ließ seinen Namen von Hussein in Husen ändern und arbeitete fortan als Kellner im “Haus Vaterland“ und als Sprachlehrer für Kisuaheli an der heutigen Humboldt-Universität. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 nahm die Diskriminierung gegen Schwarze Menschen zu: Als Afrikaner aus einer ehemaligen deutschen Kolonie durfte Husen zwar in Deutschland bleiben, musste jedoch wie seine Frau, eine Sudetendeutsche, seinen Ausweis abgeben. Stattdessen erhielten beide befristete, sogenannte “Fremdenpässe“.
Um seine Familie und sich selbst zu schützen, so wird heute vermutet, setzte sich Husen zudem für die neokolonialistische Bewegung ein, wo er als “Vorzeige-Askari“ auftrat, der die Errungenschaften der deutschen Kolonialisierung repräsentieren sollte. Ab 1934 war Husen zudem in insgesamt über 20 NS-Propagandafilmen, größtenteils als Statist, zu sehen, unter anderem an der Seite von berühmten Schauspielern wie Heinz Rühmann und Hans Albers.
Als Husen sich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs freiwillig für den Einsatz als Soldat in der Wehrmacht meldete, wurde er abgelehnt. 1941 wurde Husen wegen des Vorwurfs der sogenannten “Rassenschande” denunziert und anschließend im KZ Sachsenhausen inhaftiert, wo er drei Jahre später, am 24. November 1944, starb. Heute erinnert ein Stolperstein vor dem Haus in der Berliner Brunnenstraße 193 an ihn.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet die Geschichte Husens in Vergessenheit. Durch einen Zufall stieß die Afrikanistin Marianne Bechhaus-Gerst auf einen Brief, in dem Bayume Mohamed Husens Deportation 1941 erwähnt wurde. Sie ging der Geschichte nach und veröffentlichte 2007 das Buch “Treu bis in den Tod” über seine Lebensgeschichte.
Bis bald!
Leo
Für diesen Text genutzte Quellen:
1. Tod eines „treuen Askari“ im KZ Sachsenhausen, Deutschlandfunk
2. Von den Nazis ermordet und dann vergessen, Deutsche Welle
3. Vom Askari-Soldaten zum Schauspieler, Stadtmuseum Berlin